Dialog der Kulturen als europäische Chance I: Ideen und Impulse für die Kultur des Zusammenlebens

27./28. Mai 2005, Abgeordnetenhaus von Berlin

Das erste Symposium fand am 27./28. Mai 2005 statt und hatte den Titel: „Dialog der Kulturen als europäische Chance: Ideen und Impulse für die Kultur des Zusammenlebens“. Über 200 nationale und internationale Gäste diskutierten über die Kunst des Zusammenlebens.

Vor allem die Ereignisse rund um die Anschläge vom 11. September und die Ermordung des niederländischen Regisseurs Van Gogh hatten unendlich viele Fragen aufgeworfen. Themen wie Parallelgesellschaft, multikulturelle Gesellschaft, Leitkultur und Integration wurden von Talkshows, Zeitungen und Zeitschriften aufgegriffen und diskutiert. Bei diesen wurde vor Augen geführt, dass es unmöglich sei, friedlich in Deutschland zusammen zu leben. Es wurde zunehmend polemisch und emotional diskutiert. All diese Themen hatten bis dahin ein Schattendasein geführt, obwohl sie doch tatsächlich so wichtig sind, dass sie schon längst von kompetenten und besonnenen Menschen in der Öffentlichkeit ausgewogen hätten diskutiert werden müssen.

Auf diesem Symposium ging es um die Frage, warum es das Zusammenleben der Kulturen und Religionen verdient, dass alle Beteiligten dafür größtmögliche Anstrengungen unternehmen. Wie funktioniert ein friedliches Zusammenleben? Was müssen die unterschiedlichen Seiten tun, damit es überhaupt funktionieren kann? Welche Probleme wirft das Zusammenleben auf, und wie lassen sie sich lösen? Gibt es bestimmte Grundbedingungen, auf deren Boden eine friedliche Koexistenz erst gedeihen kann? Welche Faktoren sind für eine solche Koexistenz ganz wesentlich? Dem Titel der Veranstaltung entsprechend sollte in diesem Zusammenhang den Schwerpunkten Gesellschaft, Kultur, Identität und Religion besondere Beachtung geschenkt werden.

Maßgeblich für die Entwicklung einer eigenen Identität sind die Kenntnis der Kultur und Geschichte des eigenen Volkes und der Kultur und Geschichte ganz allgemein. Menschen, die sich selbst und ihre Wertebezüge kennen, sind Fremden gegenüber unvoreingenommener und aufgeschlossener. Sie neigen nicht zu Über- oder Untertreibungen und lehnen fremde Identitäten bzw. Kulturen weder völlig ab noch übernehmen sie sie unkritisch.

In der Geschichte der Menschheit ganz allgemein begegnen uns etliche geglückte und misslungene Versuche und Erfahrungen kulturellen und sozialen Zusammenlebens. Die entsprechenden Beispiele wurden neu aufgearbeitet und der Öffentlichkeit vorgestellt.

Praktikable Lösungen für die Zukunft benötigen ein Fundament, das aus historischen Erfahrungen gefertigt ist. Fehler der Vergangenheit können als Ermahnung dienen. Lernt man hingegen nicht aus ihnen, werden sie sich wiederholen.

Weiterhin wurde auf diesem Symposium analysiert, was die maßgeblichen Quellen der Religionen (insbesondere des Judentums, Christentums und Islam) zum Thema Zusammenleben sagen. Stimmt es, dass ein Zusammenprall der Kulturen und Religionen unvermeidlich ist? Wenn nicht, führt doch eigentlich kein Weg daran vorbei, Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten und – falls möglich – gemeinsame Konzepte zu entwickeln. Soziales und kulturelles Leben beruht auf moralischen Werten. Dies ist in christlich geprägten Gesellschaften nicht anders als in muslimischen. Gleichen sich die moralischen Werte der Religionen, dann dürfte es uns doch eigentlich nicht allzu schwer fallen, eine dauerhaft tragfähige Grundlage für unser Zusammenleben zu entwickeln.

Dreißig internationale Referenten diskutierten über das Thema des Zusammenlebens und gaben den Besuchern Impulse für das alltägliche Leben.

Das Programm:

Freitag, 27. Mai 2005

10.00-12.00 Uhr

Einleitende Worte
Einleitende Worte und Statements von Vertretern aus Politik und Gesellschaft zum Symposium

Walter Momper
Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin

Dr. Erhart Körting
Senator für Inneres, Berlin

Dr. Gabriele Guellil
Dialog mit der islamischen Welt, Auswärtiges Amt

Dr. Dieter Flämig
INFRANEU-Hauptverband e.V.

P. Alois Schmid
Erzbischöfliches Ordinariat Berlin

Bülent Aslan
CDU, NRW

PAX Immanuel II
Die Christlich Essenische Kirche, Erfurt

Christian Hoffmann
Vorsitzender der muslimischen Akademie

Eyüp Besir
FID e.V., Offenbach

Prof. Dr. Serif Ali Tekalan
Fatih Universität Istanbul

Prof. Dr. Udo Steinbach
Deutsches Orientinstitut Hamburg

12.00-14.00 Uhr Mittagessen

Kultur

14.00-16.00 Uhr Globalisierung, interkultureller Dialog und Frieden

14.00 Uhr Prof. Dr. Niyazi Öktem
Politikwissenschaftler Bilgi Universität, Istanbul
Das kulturelle Mosaik Anatoliens – offen für den interreligiösen Dialog

14.20 Uhr Prof. Dr. Gaby Straßburger
Katholische Hochschule für Sozialwesen, Berlin
Importbräute, Zwangsehen, Scheitern der Integration? Einige Klarstellungen in Zeiten hysterischer Polemik

14.40 Uhr Cemal Usak
Plattform des Interkulturellen Dialogs, Istanbul
Interpretationsspielräume im Islam und die Bedeutung der Kultur für die Identitätsentwicklung

15.00 Uhr Prof. Dr. Kenan Gürsoy
Soziologe, Galatasaray Universität Istanbul
Der Stellenwert der Einheit Gottes im Islam und die interreligiöse Freundschaft

15.20 Uhr
Prof. Dr. Pierre Montandon
Genf
Meine persönliche Meinung über den Einfluss von Bildung auf Kultur

15.40 Uhr Diskussion

16.00-16.30 Uhr Kaffeepause

16.30-18.30 Uhr Die Verantwortung der Medien

16.30 Uhr
Prof. Jörg Becker
Forschungsinstitut für Technologie und Kommunikation, Solingen
Interkulturelle Kommunikation und Medienethik

16.50 Uhr Mahmut Cebi
Chefredakteur Tageszeitung Zaman, Frankfurt
Welchen Beitrag kann eine türkische Tageszeitung zum Zusammenleben im Alltag leisten?

17.10 Uhr Dr. Sabine Schiffer
Medienwissenschaftlerin, Erlangen
Eskalation durch Berichterstattung? Islamdarstellung und Islamwahrnehmung

17.30 Uhr Cicek Bacik
Berliner Institut für vergleichende Sozialforschung, Berlin
Türkische TV-Landschaft in Deutschland

17.50 Uhr  Diskussion
Samstag, 28. Mai 2005

Religion

10.00-12.00 Uhr Kontinuität und Wandel

10.00 Uhr Prof. Dr. Christian W. Troll SJ
Religionswissenschaftler, Frankfurt
Vom Recht auf Wahrheit zum Recht auf Religionsfreiheit

10.30 Uhr Prof. Dr. Hamza Aktan
Religionswissenschaftler, Erzurum
Der unveränderliche Kern des Islams und Sekundäres

11.00 Uhr Diskussion

12.00-14.00 Uhr Mittagessen

Identität

14.00-16.00 Uhr Die Rolle der Religion bei der Identitätsentwicklung

14.00 Uhr Dr. Reinhard Sänger
Badisches Landesmuseum, Türkenbeute, Karlsruhe
„Türkische Kammer“ in Vergangenheit und Gegenwart

14.25 Uhr Muhammet Mertek
Lehrer, Buchautor, INID-Institut Hamm
Welche Rolle spielt die Religion bei der Identitätsentwicklung des Individuums aus islamischer Perspektive

14.50 Uhr Dr. Margarete Spohn
Stelle für Interkulturelle Arbeit, München
Religiöse Identität in modernen Stadtgesellschaften am Beispiel der Stadt München

15.15 Uhr Hayrettin Aydin
Religionswissenschaftler, Bremen
Ist eine religiöse Identität ein Hindernis für gesellschaftliche und politische Partizipation

15.40 Uhr Diskussion
16.00-16.30 Uhr Kaffeepause

16.30-18.30 Uhr Identitätswandlung im Migrationsprozess

16.30 Uhr Cem Özdemir
MdEP, Berlin-Brüssel
Migration und Identitätswandel der Generationen

16.50 Uhr PD Dr. Juliane Seger
Ethologin und Biologin, Hagen
Lernen, miteinander zu reden

17.10 Uhr Özkan Ergen
Erziehungswissenschaftler, Heidelberg
Familiäres und schulisches Umfeld als Einflussfaktor bei der Identitätsentwicklung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien

17.30 Uhr Prof. Dr. Barbara John
Erziehungswissenschaftlerin, Berlin
„Kicken gegen den Papst und die Bibel“ – Von der Wirksamkeit kultureller Klischees

17.50 Uhr Schlussdiskussion, Resümee

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