7. Hanni Lévy

Hanni Lévy, geboren Hannelore Weißenberg am 16. März 1924 in Berlin, war eine von etwa 2000 ‚unsichtbaren‘ Überlebenden des Holocaust und engagierte Zeitzeugin. Als verfolgte Jüdin in der NS-Zeit machte sich Lévy ‚unsichtbar‘ und konnte sich mit falscher Identität und hilfsbereiten Menschen vor den Grausamkeiten des NS-Regimes schützen und überlebte den Krieg.

Aufgewachsen ist Lévy in Kreuzberg, Berlin. Es dauerte nicht lang, bis auch ihre Familie von den Grausamkeiten des Hitler-Regimes betroffen war. Ihr Vater, Felix Weißenberg war Fotograf und wurde nach Kriegsbeginn 1939 zur Zwangsarbeit in der Landwirtschaft eingesetzt. Aufgrund der prekären Arbeitsbedingungen und der daraus resultierenden Entkräftung verstarb der Vater 1940. Nur zwei Jahre später verstarb auch die schwer herzkranke Mutter, Alice Weißenberg, mangels ärztlicher Hilfe.

Im Herbst 1942 wurde Lévys geliebte Großmutter nach Theresienstadt deportiert und verstarb dort ein Jahr später. Auf sich allein gestellt und geprägt von schmerzhaften Entbehrungen, traf die damals 18-jährige Hanni den Entschluss, sich nicht widerstandslos dem schrecklichen Schicksal vieler Juden und Jüdinnen zu ergeben.

Im Februar 1943 konnte Hanni wegen einer schweren Wunde an der Hand nicht zur Arbeit und entkam so der Verhaftung durch die Gestapo. Als es an ihrer Haustür klingelte, entschied sie sich, nicht auf das Klingeln zu reagieren und da sie auf der Arbeit vermutet wurde, entkam sie. Sie zog sich lediglich einen Mantel über, nahm ihre Tasche und verließ das Haus.

Mithilfe von Bekannten, die ihr Obdach und Hilfe boten, tauchte sie unter und änderte ihr Aussehen. Auch nahm sie eine eine neue Identität an. Mit Zeitungaustragen verdiente sie etwas Geld, musste jedoch häufig ihre Bleibe wechseln.

Hanni Lévy liebte es, ins Kino zugehen und das nicht zuletzt, weil ihr die Dunkelheit eine Art von Schutz bedeutete. Nachdem sie auch ihre letzte Unterkunft verlassen musste und ohne Obdach war, vertraute sie sich der Kartenverkäuferin an der Kino-Kasse an, die sie mit zu sich nach Hause nahm. Bis zu ihrer Ausreise aus Deutschland war sie dort beherbergt und half der Frau bei der Pflege ihres schwer erkrankten Mannes. 

Diese Zeiten beschrieb Hanni mit folgenden Sätzen: „Wir sind zusammengewachsen wie Mutter und Tochter. Ich habe mich so an dieses neue Leben gewöhnt, dass ich fast vergessen habe, in welcher Gefahr ich mich eigentlich befand.“ Nach dem Untergang des NS-Regimes war die Lage im Land weiterhin sehr angespannt, weshalb sie 1946 nach Frankreich zu ihrem Onkel emigrierte. Den Kontakt zu Berlin, besonders zu ihren RetterInnen und HelferInnen erhielt sie weiterhin aufrecht. In Paris lernte sie ihren späteren Ehemann kennen und gründete dort eine Familie.

Lévy schrieb für ihre Familie einen Bericht über ihr Überleben nieder, der mit dem Titel „Formen des Erinnerns – Jüdische und nicht-jüdische Stimmen zur Vertreibung und Ermordung der jüdischen Nachbarn im Bayerischen Viertel“ in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand archiviert ist.

Lévys Überlebensgeschichte wurde 2017 im Dokumentarfilm „Die Unsichtbaren – Wir wollen leben“ von Claus Räfle erzählt. Als Zeitzeugin besuchte sie mehrfach Schulen und andere öffentliche Einrichtungen. Am 22. Oktober vergangenen Jahres starb Hanni Lévy im Alter von 95 Jahren in Paris.

Im Jahr 2018 warnte sie vor der zunehmenden Fremdenfeindlichkeit in Deutschland mit den Worten: „Früher hat man gesagt, die Juden sind an allem schuld, heute sind es die Flüchtlinge.“

Hanni Lévys Schicksal ist eines von vielen, die während der grauenvollen und abscheulichen Verbrechen des NS-Regimes eine ent-scheidende Wendung nahm.

Ihr Überlebenswille und Widerstandskampf sind für viele Menschen noch heute ein Vorbild. Wir gedenken den sechs Millionen ermordeten Juden und Jüdinnen und werden Sie niemals in Vergessenheit geraten lassen.

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